Mittwoch, 28. Oktober 2020

Die Bahn in der Cloud

Das Handelsblatt informierte die Öffentlichkeit gestern, dass die Bahn vorfristig den Umzug ihrer IT in die Cloud abgeschlossen hat. Das ein Großprojekt in Deutschland vorfristig und positiv abgeschlossen wird ist leider nicht mehr selbstverständlich. Bedenklich finde ich es aber, dass es nicht gelungen ist, einen deutschen oder europäischen  Cloudanbieter für das Vorhaben zu begeistern. Als bekennender Bahnfahrer nutze ich natürlich die IT Infrastruktur der Bahn für ihre Kunden - es funktioniert tatsächlich. Aber das man nun in Amerika auch weiß, wann ich wohin fahre hinterlässt schon ein etwas mulmiges Gefühl.  Übrigens: Die Daten unserer Mandanten halten wir seit mehr als 10 Jahren in der Cloud - allerdings in einem deutschen Rechenzentrum nach den strengen Bestimmungen der DSGVO. 
Anbei der vollständige Artikel des Handelsblatts


Handelsblatt vom 28.10.2020


Bahn-Server haben ausgedient



Eigentlich hatte sich die Deutsche Bahn für den grundlegenden Umbau ihrer Computer-Infrastruktur Zeit bis zum Jahr 2022 genommen. Doch in diesen Tagen werden im Bahn-

Rechenzentrum Berlin- Mahlsdorf die letzten Rechner abgebaut.


In Spitzenzeiten hatte die Bahn rund 8000 Server selbst betrieben, um den riesigen Datenstrom aus den Zügen und der Bahn-Infrastruktur auszuwerten. Dazu gehört der Verkauf der Tickets über Apps und die Bahn-Website. Zu den Aufgaben der Bahn- IT zählt es aber auch, die Infrastruktur für die Smartphone- App DB Navigator zu betreiben oder in Echtzeit den Zustand von 28 000 Weichen zu überwachen. Die eigenen Bahn-Server gibt es nun nicht mehr. Alles kommt aus der Cloud. Das sind Rechenzentren von Microsoft und Amazon, die mit ihren Diensten Azure und AWS Speicherplatz und Rechenleistungen über das Internet bereitstellen. „Wir haben quasi unter dem rollenden Rad die IT-Anwendungen in die Cloud gehoben und dann weiter optimiert“, sagt Christa Koenen, IT-Chefin der Bahn.


Die Kunden der Bahn sollten von dem Umbau hinter den Kulissen am besten gar nichts mitbekommen. Mit mehr als 1500 Buchungen pro Minute betreibt sie eines der größten Ticketsysteme in Europa, das den Kauf der Fahrscheine über Portale wie bahn.de oder die App DB Navigator ermöglicht. „Das ist unser Rückgrat, da darf nichts wackeln. Und das ist nun auch in der Cloud so.“ Ganz im Gegenteil: Die App DB Navigator zickt jetzt bei einem großen Ansturm nicht mehr rum, weil die Cloud-Server kaum überlastet werden können. Als der Bahn-Vorstand im Jahr 2016 den Beschluss fasste, 450 Anwendungen der Bahn in die Cloud zu verlagern, wurde die Entscheidung in der Öffentlichkeit auch kritisch aufgenommen. Schließlich zeichnete sich damals schon ab, dass ein US-Konzern zum Zug kommen wird, der im Zweifelsfall dem US-amerikanischen Recht unterliegt.


Dieses Datenschutzgefälle zwischen Europa und den USA hat zuletzt auch beim Urteil des Europäischen Gerichtshofs („Schrems II“) eine Rolle gespielt, mit dem die EU-Datenschutzvereinbarung „Privacy Shield“ mit den USA gekippt wurde. Bahn-IT-Chefin Koenen sagt: „Wir haben natürlich gleich zu Anfang des Projektes einen ganz besonderen Fokus auf Sicherheit und Datenschutz gelegt.“ Dabei setzt die Bahn auf eine harte Verschlüsselung, die neugierige Blicke der US Dienste verhindern soll: „Wir verschlüsseln alle Daten, und nur wir können sie entschlüsseln. Das heißt, nur wir haben Zugriff auf die Schlüssel und nicht die Cloud-Provider“, betont die Geschäftsführerin der Bahn-IT-Tochter DB Systel. Gleichwohl sieht Koenen die Gefahr, sich von einem großen Cloud-Betreiber abhängig zu machen. Die Bahn verfolge deshalb eine „Multi-Cloud- Strategie“. Neben Amazon AWS kommt auch Microsoft Azure zum Einsatz. Anbieter aus Deutschland oder Europa gingen aber leer aus.