Donnerstag, 16. März 2017

Im Zug gelesen und nachgedacht.....

Eben war zu hören, dass die Briten sich für den harten Weg aus der EU entschieden haben mit weitestgehender Abschottung vom Binnenmarkt.

Das stimmt traurig. Und wie es der Zufall will ist im DATEV - Magazin 3 /2017 ein sehr informativer Artrikel über Friedrich List zu lesen. Der Mann hat bereits vor fast 200 Jahren die Vorteile von Zollunion und Binnenmarkt erkannt und maßgeblich mit umgesetzt.

Schade dass das bei vielen in Vergessenheit geraten ist und angesichts vieler Alltagsproblem nicht mehr wichtig erscheint....


Bahnbrechende Ideen

Von Manuel Rienks u. Tobias Birken

Für ein zollvereintes Deutschland

Der Nationalökonom und Steuerfachmann Friedrich List (1789–1846) war an zwei Projekten entscheidend beteiligt, die die deutschen Einzelstaaten enger zusammenschweißten: am Deutschen Zollverein von 1834 und am Beginn des Eisenbahnbaus seit 1835.

Bis im Jahr 1871 das Deutsche Kaiserreich und damit ein deutscher Nationalstaat entstehen konnte, dauerte es einige Zeit. Zwar waren seit 1815 39 Staaten im Deutschen Bund zusammengeschlossen, doch waren diese nur lose verknüpft und politisch weiterhin souverän. Die Annäherung der deutschen Staaten erfolgte zunächst auf wirtschaftlichem Gebiet: Der Deutsche Zollverein von 1834 und der Beginn des Eisenbahnbaus 1835 waren zwei entscheidende Neuerungen, die die Einzelstaaten stärker zusammenschweißten. Ein Mann war an beiden Projekten maßgeblich beteiligt: Friedrich List.
Der heutzutage für seine nationalökonomischen Theorien bekannte List wurde am 6. August 1789 in Reutlingen geboren. Wenig interessiert an Schule und elterlichem Betrieb schlug er mit 16 Jahren die Beamtenlaufbahn ein und begann, für die württembergische Verwaltung tätig zu sein. Dort erhielt er eine Ausbildung im Schreiber- und Steuerdienst und arbeitete in verschiedenen Städten. 1811 machte er zum ersten Mal auf sich aufmerksam, als er als sogenannter Substitut des Ulmer Stadtschreibers eine selbstständige Abhandlung über die Neuorganisation des Steuerwesens verfasste. Fünf Jahre später, 1816, wurde er Rechnungsrevisor, also Kassenprüfer, seiner Heimatstadt. Als solcher brachte er das Rechnungswesen der Stadt grundlegend auf Vordermann. Dies beeindruckte seine Vorgesetzten in der übergeordneten Kommunalsektion in Stuttgart. Als ausgewiesener Zoll- und Steuerfachmann anerkannt übernahm Friedrich List für einige Zeit sogar den ersten Lehrstuhl für Staatsverwaltungspraxis in Tübingen.

Abgaben behinderten den Handel im Bund

Bereits früh in seiner wirtschaftspolitischen Karriere trat Friedrich List vehement für einen gemeinsamen deutschen Binnenmarkt ein. Nach seinem Austritt aus dem Staatsdienst 1819 war er als Berater für den Deutschen Handels- und Gewerbeverein tätig. In dieser Funktion – er vertrat immerhin 5.000 bis 6.000 zoll- und steuerpflichtige Kaufleute – verfasste er eine Bittschrift. Darin ersuchte er die Bundesversammlung, das oberste Organ des Deutschen Bunds, um die „Aufhebung der Zölle und Mauten im Innern Deutschlands“. Davon gab es zeitweise bis zu 1.800. Zölle konnten auf Märkten, an wichtigen Handelsrouten auf dem Wasser oder zu Land sowie bei der Einfuhr von Waren in ein Staatsgebiet erhoben werden. Die vielen Abgaben behinderten die wirtschaftliche Entwicklung und den Handel im Bund enorm.

Erste Vereinfachung brachte das preußische Zollgesetz von 1818, das zum ersten Mal einen einheitlichen Grenzzoll und einen Binnenmarkt für das Staatsgebiet Preußens vorsah. Diesem innovativen Zollsystem schlossen sich bis 1834 immer mehr kleine und mittlere deutsche Staaten an. Am Ende stand der Deutsche Zollverein, eine Freihandelszone mit 26 Millionen Einwohnern. Friedrich Lists Vorstellungen gingen sogar noch weiter: in Richtung Welthandelsfreiheit. „Nur alsdann werden die Völker der Erde den höchsten Grad des physischen Wohlstands erreichen, wenn sie allgemeinen, freien, unbeschränkten Handelsverkehr unter sich festsetzen“, schrieb er 1819 in einer Bittschrift. Doch dies blieb vorerst Wunschdenken. Die finanziellen Gewinne des „zollvereinten Deutschlands“ banden jedenfalls die Regierungen der Mitgliedstaaten stärker aneinander. Nicht zu übersehen waren die wachstumsfördernden Effekte für Industrie und Handel. Die Zollverwaltungskosten gingen um die Hälfte zurück, während die Zolleinkünfte um durchschnittlich 90 Prozent stiegen. Die Mehreinnahmen dienten vor allem dazu, den wachsenden Finanzbedarf der Mitgliedstaaten zu decken.
Friedrich List widmete sich indessen dem Aufbau der deutschen Eisenbahn. Bevor Lists Zollideen nämlich überhaupt positiv aufgenommen wurden, geriet er wegen seines politischen Engagements in Württemberg in Bedrängnis. Um einer Haftstrafe zu entgehen, wanderte er gemeinsam mit seiner Frau und seinen zwei Kindern 1825 für einige Zeit in die USA aus. Dort sah er mit eigenen Augen den Erfolg der Eisenbahn. Nach seiner Rückkehr 1830 propagierte List den Eisenbahnbau im Deutschen Bund. Er erkannte: „Der Zollverein und das Eisenbahnsystem sind siamesische Zwillinge, zu gleicher Zeit geboren, körperlich aneinander gewachsen (…) unterstützen sie sich wechselseitig, streben nach einem und demselben großen Ziel, nach Vereinigung der deutschen Stämme zu einer (…) Nation.“ Sein Engagement schuf wichtige Grundlagen, die den Eisenbahnbau, den Leitsektor der industriellen Revolution, in Deutschland überhaupt erst möglich machten.

Visionäre Ideen für Europa

Friedrich List vertrat seine Ideen in einer Vielzahl von Publikationen und auf Reisen im In- und Ausland. 1841 veröffentlichte er sein volkswirtschaftliches Hauptwerk, Das nationale System der politischen Oekonomie, für das er über seinen Tod hinaus berühmt geworden ist. Vier Jahre später schlug er die Gründung eines deutschen Nationalstaats vor. Tatsächlich erlebte er aber weder dessen Verwirklichung noch den durchschlagenden Erfolg des Zollvereins. Im Herbst 1846 nahm sich List im Alter von 57 Jahren in Kufstein das Leben. Laut Arztbericht aus „Schwermut“, wie damals Depressionen genannt wurden. Inzwischen sind Lists visionäre Ideen aber nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer Ebene durch den gemeinsamen europäischen Binnenmarkt verwirklicht. Und auch die Steuerberatung, Lists erste große Leidenschaft, hat sich als international ausgerichtetes Berufsfeld etabliert.

Donnerstag, 2. März 2017

Die politische Heimat verloren

Mein Ausflug in die Kommunalpolitik war fast von Beginn an nicht unproblematisch - die Zusammenarbeit mit Ortsgruppe und Fraktion wollte aus den verschiedensten Gründen nicht so recht gelingen. Doch die Hoffnung bestand, dass sich alles richten würde, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Doch nun ist sie gestorben.  Die Gründe dafür enthält der Brief an den Kreisvorstand der CDU den ich im folgenden wiedergebe:

Sehr geehrter Herr Geisler, sehr geehrte Damen und Herren,

Die Unterzeichner dieses Briefes sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus Überzeugung und mit dem Willen der CDU beigetreten, aktiv zur positiven Entwicklung unseres Landes und unserer Heimatstadt Pirna beizutragen. Die CDU war für uns die Partei, die - konsequent demokratischen Grundsätzen folgend - all jene Werte vertrat, die auch unsere sind. Nun sehen wir uns gezwungen, diesen Brief unserer Austrittserklärung beizulegen.

Dieser Schritt fällt uns außerordentlich schwer, dennoch erscheint er uns nach reiflichem Nachdenken unumgänglich. Die Gründe hierfür haben wir bereits in einem Brief an die Mitglieder des CDU-Stadtverbandes und in weiteren Stellungnahmen u.a. zum desaströsen Abschneiden der CDU bei der jüngsten Pirnaer OB-Wahl erörtert.

Leider bekamen wir darauf keine oder lediglich Antworten, aus denen wir entnehmen mussten, dass der Pirnaer Stadtvorstands-Vorsitzende, aber offenbar auch andere Funktionsträger der CDU weder an unserer Meinung noch an unserem Angebot interessiert waren, einen konstruktiven Dialog zur Politik der Partei zu führen und ggf. entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Dies stellt sich uns als Höhepunkt einer Entwicklung im Stadtverband Pirna dar, vor der wir immer wieder gewarnt haben: Intrigen und Streit, Missachtung und Ausgrenzung von Mitgliedern mit kritischen Positionen, letztlich die Umwandlung der CDU Pirna in ein bloßes Instrument zur Durchsetzung persönlicher Interessen insbesondere des Vorsitzenden des Stadtverbandes. Die von der Bevölkerung hierfür präsentierte Rechnung ist bitter - die Partei, in Pirna einst außerordentlich erfolgreich, wird in unserer Stadt kaum noch wahr- und ernst genommen.

Wir, die Unterzeichner, wollen als mittelständische Unternehmer, als Ärzte, Gewerbetreibende oder Geschäftsinhaber und Angestellte tagtäglich dazu beitragen, Pirnas wirtschaftliche und soziale Möglichkeiten zu stärken - andauernde kleinliche Auseinandersetzungen in der CDU wirken hierbei kontraproduktiv und hemmend. Dies können wir nicht mehr hinnehmen. Unser Austritt aus der CDU wird uns jedoch nicht daran hindern, weiterhin für das Wohl und die positiver Entwicklung unserer Heimatstadt zu wirken.


Pirna, am 1. März 2017