Freitag, 7. Mai 2021

Eine Woche als Bürgermeister - ein Baum und eine Sitzung



Der Pressemitteilung vom 22.04 2021 war zu entnehmen, dass Corona trotz weitgehend verschlossener Rathaustüren und Bundesnotbremse um die Stadtverwaltung keinen Bogen macht:


„OB Hanke positiv auf Coronavirus getestet – Arbeitsabläufe funktionieren in den betroffenen Bereichen weiter

 

In der Pirnaer Stadtverwaltung sind aufgrund positiver Corona-Befunde einige Quarantänefälle aufgetreten unter denen sich auch der Oberbürgermeister befindet. Das Testergebnis von OB Hanke wies heute Morgen ein positives Ergebnis auf.“


Kein sehr schönes Deutsch und erst recht kein schöner Inhalt. Positiv ist eben das neue Negativ!


Der Buschfunk wusste auch sofort , dass unter den Betroffenen auch Bürgermeister Lang war, die „Stadtspitze“ also komplett  mehr oder weniger außer Gefecht gesetzt war.


Ich brauchte also nur zu warten bis meine Stunde als Bürgermeister kam. Und sie kam!


Zunächst in Form einer Bitte von Frau Nikitin von der Öffentlichkeitsarbeit.  Könnten Sie vielleicht einen Baum pflanzen? Da die Bitte per Mail kam, konnte sie meinen fragenden Blick nicht sehen. Obwohl mein grüner Daumen nachweislich nicht sehr ausgeprägt, also eher ein Däumling ist, sagte ich spontan zu und fragte erst danach nach den Einzelheiten:


Die Beratungsdienste der Caritas in Pirna hatten Ihren 70. Geburtstag und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollten zeigen, dass Pirna Ihnen mehr bedeutet als nur ein Arbeitsort zu sein, sie hatten gesammelt und den Erlös unserer Stadt zugewendet um einen Baum samt Betreuung in den ersten drei Jahren zu schenken.  Eine große Geste, denn eigentlich wird der Jubilar beschenkt. Aber Caritas heißt bekanntlich Nächstenliebe. Und so war es dieses Mal umgekehrt.





Die Wahl der Experten war auf eine Silberweide gefallen, die bereits auf den Elbwiesen gepflanzt war. Also  eher nur noch  ein symbolischer Akt um den Spendern zu danken.


Das sollte kein Problem und der grüne Daumen verzichtbar zu sein. Wikipedia stand mir  zur Seite um sonst unverbindliche Dankesworte an Frau Maresch und ihre Mitarbeiter etwas anzureichern:  Die Caritas als Hilfsorganisation der katholischen Kirche in Deutschland beschäftigt bundesweit mehr als  700.000 Angestellte und hunderttausende ehrenamtliche Mitarbeiter. Sie betreut mehr als 13 Mio. Menschen die ihrer Hilfe bedürfen, also fast jeden 7. Bundesbürger.


Silberweiden können bis 35 m hoch und 2.000 Jahre alt werden, meint Wikipedia. Hier irrte das digitale  Lexikon, die Bäume erreichen nur  ein Alter von etwas mehr als 70 Jahren. Also noch einmal so lange, wie die Caritas in Pirna schon arbeitet. Auch ein ehrenamtlicher Oberbürgermeister lernt noch dazu. Trotz dieser fachlichen Schwächen eine gelungene Veranstaltung und ein großes Dankeschön an  all jene, die tagtäglich da sind, wenn sie gebraucht werden.


Der nächste Termin ließ nicht lange auf sich warten. Die Ratsarbeit meldete sich: „Am Donnerstag ist Stadtentwicklungsausschuss, wir wollen ungern verschieben und die Stadtspitze.....“  Frau Müller musste nicht weiter reden. „Kein Problem, mache ich doch gern.“


Die Detailabsprachen waren schnell getroffen. „ Sie sind doch so digital, wollen Sie trotzdem eine Mappe? Der OB hat immer eine.“ Da konnte ich schlecht nein sagen. „ Wollen wir uns vorher noch einmal treffen um alles durchzusprechen?“ Natürlich wollen wir. „Donnerstag um 16:00? Da haben wir noch 2 Stunden Zeit.“ fragte ich.


Das war offensichtlich sehr üppig bemessen in Anbetracht der nicht allzu umfangreichen Tagesordnung , wurde aber widerspruchslos akzeptiert. Schließlich bin ich der Bürgermeister.


Am Donnerstagvormittag dann ein Anruf von von Herrn Moers: “Ich hätte noch einen Punkt für den nichtöffentlichen Teil, würden Sie eventuell....?“  Klar würde ich, wir wollen doch keinen unnötigen Bearbeitungsstau entstehen lassen!


Frau Müller und Frau Palme bereiteten mich gut vor, 30 Minuten wären ausreichen gewesen aber so hatte ich noch genügend Zeit mir die Details noch einmal in aller Ruhe anzuschauen.


Zwei Stunden Ausschusssitzung vergingen wie im Fluge. Meine Stadtratskollegen machten mir die Versammlungsleitung leicht. Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung standen im Stoff und konnten die Detailfragen beantworten. Ich bedankte mich bei allen, besonders bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung. Der Vorturner kann nicht besser sein als das Team!


Beim nach Hause fahren fiel mir der letzte Satz der Pressemitteilung ein. Peter Hanke wurde zitiert: „ Bei diesem Virus gilt es, sofort die Kontakte zu reduzieren. Ich bin froh, dass wir bereits in der ersten Welle eine funktionierende Home-Office-Strategie entwickelt haben.“


Stadtentwicklungsausschuß im Homeoffice. Vielleicht eine Idee für die kommende Sitzung.....


Freitag früh im Büro, das Telefon klingelt. Der richtige Oberbürgermeister! „Du, Thomas, mir wurde berichtet, du hast das gestern toll gemacht. Vielen Dank!“ Besser kann ein Woche als Bürgermeister nicht enden. „ Ich habe es gerne getan, Peter. Werde trotzdem schnell gesund, wir brauchen dich!“