Dienstag, 24. November 2020

Im Stadtrat belauscht – Geburtstagsgeschenke und Gendersternchen



Dienstag 18:00 Uhr, Strategie- und Finanzausschuss


17 Tagesordnungspunkte, davon einige mit Unterpunkten verhießen keinen Shorttrack. OB Peter Hanke betrat, gut gelaunt, in gewohnter Weise pünktlich mit dem ersten Glockenschlag den großen Ratssaal und ging zügig an die Abarbeitung der Tagesordnung


Im Bericht des OB gab es Informationen zur zu erwartenden neuen Coronaschutzverordnung des Freistaats – keine rosigen Aussichten für die bevorstehende Adventszeit und die Sehnsucht der Bürger nach gemeinsamer Besinnlichkeit und Fröhlichkeit. Weihnachtsmärkte mit Glühwein unter dem Tannenbaum werden nicht zu erwarten sein.


Später ging es in einer Informationsvorlage um die Besetzung der Stelle einer Fachdienstleiterin / Fachdienstleiters, im immer üblicher werdenden Genderdeutsch mit Fachdienstleiter*in bezeichnet. Meiner Bitte, gegebenenfalls auch auf der Grundlage entsprechender, noch zu fassender Beschlüsse des Stadtrats, zukünftig auf den Unfug mit den Gendersternchen zu verzichten und stattdessen wie früher üblich einen Fachdienstleiter/ Fachdienstleiterin auszuschreiben, begegnete er mit den salomonischen Worten „wir lassen das juristisch prüfen.“ Der Jurist saß zufällig im Präsidium, aber offenbar bedarf es dazu umfänglicher Vorüberlegungen und Recherchen, denn er äußerte sich nicht. Schade!


Einen Höhepunkt gab es trotzdem. An meiner statt durfte unser Fraktionsvorsitzender, quasi als vorfristiges Geschenk zu seinem unmittelbar bevorstehendem runden Geburtstag, zu inhaltlichen Fragen dieses TOP sprechen, da er hier deutlich besser im Stoff stand als ich. Inhalt schlägt Form, denn eigentlich hätte er nach Geschäftsordnung als Gast kein Rederecht. Aber ich hatte ja auf mein Rederecht verzichtet. Ein gutes Zeichen und danke an den Ausschuss.


Montag, 23. November 2020

Der Industriepark Oberelbe - eine unendliche Geschichte

Der Zweckverband - ein ungeliebtes Kind? Impressionen aus der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Industriepark Oberelbe vom 23. November 2020



                                                                                                                                                                                                                                                                              (Bild www.zv-ipo.de)


Standen am Anfang die großen Visionen: 3 000 Arbeitsplätze mit Zukunft. Ein Hightech-Park mit Vorbildcharakter und überregionaler Ausstrahlung. Mehr Steuereinnahmen für die beteiligten Kommunen und den Erhalt der sozialen Infrastruktur. Einkommenssteigerungen für die Menschen in unserer Region. Und ein solides wirtschaftliches Fundament für die nächsten Generationen.“ (www.zv-ipo.de) , scheinen momentan eher die destruktiven Bedenkenträger das Sagen zu bekommen. Geänderte Mehrheitsverhältnisse in den Stadträten der Mitgliedsgemeinden nennt man das wohl korrekt.

Nachdem die für den 12. Oktober geplante Verbandsversammlung auf Grund des nicht rechtzeitig gefassten Weisungsbeschlusses des Pirnaer Stadtrats ausfallen musste, sollten nun am 23. November 2020 die Weichen für die weitere Entwicklung des IPO gestellt werden.

Zunächst teilte der Vorsitzende, Bürgermeister Jürgen Opitz wie bereits im Vorfeld angekündigt mit, dass er den TOP 5 „Weiterarbeit im Zweckverband IPO“ von der Tagesordnung nimmt. Die Begründung war etwas dünn - bereits gefasste Weisungsbeschlüsse zur Weiterbeauftragung des Bebauungsplans 1.1. mit den Kernflächen C und D machten diesen Beschluss unnötig-  und rief auch im Auditorium Widerspruch hervor.  Dieser änderte naturgemäß aber nichts.

Überhaupt ist diese Verbandsversammlung ein etwas merkwürdiges Gremium. Anwesend sind 12 Verbandsräte und die geneigte Öffentlichkeit. Da aber die Stimmen jeder Mitgliedsgemeinde einheitlich abzugeben sind, haben letztlich nur die drei Bürgermeister ein Stimmrecht, das sie auf der Basis entsprechender Stadtratsbeschlüsse ausüben müssen. Also eine reine Informationsveranstaltung für die Interessierten und eine Bühne für Befürworter und Gegner des Industrieparks.

Nachdem in der nun schon 9. Sitzung der Verbandsversammlung auch die letzten beiden Verbandsräte verpflichtet werden konnten, standen zwei Kenntnisnahmebeschlüsse auf der Tagesordnung. Hier ging es um die Vielzahl von Stellungnahmen und Einwendungen. Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung nach §§ 3 und 4 BauGB lagen fast 50 Stellungnahmen vor. Seitens verschiedener Bürgerinitiativen lagen gibt es mehr als 1.200 Stellungnahmen. Eine Sisyphusarbeit für die Verwaltung, aber auch Zeichen gelebter Demokratie und Mitsprache.

Beide Kenntnisnahme wurden festgestellt, wobei von Verbandsrat  Klingner moniert wurde, dass die Vorbereitungszeit für das Durcharbeiten der Beschlussvorlagen angesichts deren Umfang für einen im Ehrenamt tätigen Verbandsrat deutlich zu kurz bemessen sei.

Die wichtigste Entscheidung der Versammlung war zweifelsfrei die Beschlussfassung zum Aufstellungsbeschluss 1.1. „Technologiepark Feistenberg“.

Angesichts des Namens „Technologiepark Feistenberg“ konnte man annehmen der , der IPO sei schon gestorben, aber dem war aber nicht so. Dr ursprüngliche Bebauungsplan für das Gesamtareal mit den Bauenden A,B,C und D wurde nur in der Priorität der Bearbeitung geteilt. A, B und ein kleiner teil D (die Flächen von Dohna und Heidenau) wurden zurückgestellt, B und D werden weiterentwickelt. Dafür wurde der neue Arbeitstitel - nach Aussage des Vorsitzenden  wie allgemein üblich- kreiert. Ein Schelm wer Arges dabei denkt. Hatte doch Radio Dresden bereits 18:30 vermeldet, dass die Verbandsversammlung heute die Verkleinerung des IPO beschließen würde.

Die Diskussion war wenig ergiebig und von Kompromisslosigkeit gekennzeichnet. Einem Pro des Pirnaer Verbandsrats Frank Ludwig standen Kontra der Verbandsräte Dr. Thiel und Klinger gegenüber.

Und die Herren im Präsidium? Agierten offensichtlich lust- und kraftlos. Dr. Müller war anzumerken, dass ihm,  die von hm zu vertretenden Weisungsbeschlüsse unangenehm sind, Peter Hanke sagte gar nichts und der Vorsitzende war sichtlich um eine eine straffe Versammlungsleitung bemüht, aber Begeisterung für ein Projekt sieht anders aus.

Er ließ letztlich alles offen: eine Austrittsvereinbarung mit Dohna sei ebenso denkbar wie ein Zweier mit Pirna oder ein Rückzug von Heidenau. Innerlich hat er wohl schon vor den scheinbar übermächtigen Protestlern kapituliert.

Mit 9 Ja - Stimmen bei 3 Enthaltungen erfolgte die Beschlussfassung zum Aufstellungsbeschluss, die Arbeiten können damit weitergehen, es bleibt der fade Beigeschmack, dass der IPO von unseren Anführern wohl schon nicht mehr gewollt ist.

Der Rest ist schnell erzählt. Eröffnungsbilanz und Jahresabschluss 2018 wurden festgestellt. Nicht einmal hier konnte sich der Dohnaer Stadtrat zu einer Zustimmung entschließen. 

Herr Neugebauer informierte über die Haushaltplanabwicklung und den Haushaltplan. Christian Flörke konnte mit seiner Präsentation abschließend fast noch ein wenig Optimismus verbreiten als er den Beantragungstermin für die GRW Förderung (30. September 2021) als sportlich aber möglich bezeichnete und erste Ansiedlungen für 2023 in Aussicht stellte.

Doch bis dahin müssen nach Aussage des Vorsitzenden Baurecht und Eigentum vorliegen - schwer vorstellbar bei der jetzigen Stimmung. Schade, die Chance für kommende Generation wird gerade sehenden Auges vertan.

 


Dienstag, 17. November 2020

Im Stadtrat Pirna belauscht - der Doppelhaushalt 2021/2022 wurde beschlossen

 

Aus dem Stadtrat, 16.11.2020

von unserem Fraktionsvorsitzenden Ralf Böhmer

Der Haushalt wurde beschlossen! 









Das ist unter dem Strich die wichtigste Entscheidung der gestrigen 14. Stadtratssitzung - der Be-
schluss des Haushaltes unserer Stadt. Er ist für die kommenden zwei Jahre wegweisend für alles was auf die Verwaltung, auf uns Stadträte, aber vor allem auf die Bevölkerung unserer Stadt zukommen wird. 

Was wäre die Alternative gewesen, ein Start 2021 ohne Haushalt? Ein Start der jegliche Investitionen auf Eis gelegt hätte? Angefangene Maßnahmen wären noch zu Ende gebracht worden und das wäre es dann auch schon gewesen. Eine Stadt des Stillstands?

Nein, wir haben uns dafür stark gemacht zu handeln, aktiv zu bleiben, positiv zu denken. Nur so sind wir auch zukünftig  in der Lage über unseren Haushalt selbst zu bestimmen, zu entscheiden, was wir unter Berücksichtigung der wirtschaftlichem Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren  in unserer Stadt umsetzen wollen und können.  Die Handlungsfähigkeit und dies ist das wichtigste, bleibt bei uns im Stadtrat. 

Wir Freien Wähler unterstützen und Vertrauen der Verwaltung bei der sehr anspruchsvollen Aufgabe mit den aktuell nicht seriös kalkulierbaren wirtschaftlichen Folgen der Corona Pandemie bestmöglich umzugehen. Wir geben Ihr einen Rahmen für das wirtschaftlichen Handelns. Wir geben unserer Verwaltung damit aber auch einen Auftrag mit auf den Weg: sie muss mehr denn je bei all ihren Entscheidungen sparsam und wirtschaftlich denken und handeln. Wir begleiten diesen Prozess, bleiben aufmerksam, objektiv und wenn es sein muss auch kritisch.

Die Verwaltung wird uns im 1. Quartal 2021 konkrete Vorschläge für weitere Einsparpotentiale auf den Tisch legen. Wir werden diese auf den Prüfstand stellen und im Stadtrat entscheiden was verändert, was angepasst werden muss. Es wird ein laufender, der jeweiligen Situation angepasster Prozess sein. 

Dem Versprechen der Bundesregierung die Kommunen zu unterstützen sind bisher erst wenig Taten gefolgt. Wir sind gespannt was tatsächlich vom Bund über Landesregierung und  Landratsamt dann auch tatsächlich in unserer Stadt ankommen wird. Die Vergangenheit hat uns gelehrt zuerst auf uns selbst und unsere Möglichkeiten zu schauen:  Was haben wir, was können wir wie selbst angehen und vielleicht auch verändern.

Wir haben eine gut aufgestellte Verwaltung, wir haben eine großartige Stadt, eine Stadt, die es gewohnt ist, und auch zukünftig verlangt sich zu weiter zu entwickeln, nicht still zu stehen. Wir sind für weitere Investitionen in Infrastruktur, in Kindergärten, in Schulen und dringend auch in weitere Gewerbeansiedlungen. 

Pirna hat die letzten Jahre klug gewirtschaftet, hat Rücklagen bilden können. Welche Stadt kann dies von sich sagen?  Unser Dank geht  an unseren Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke, an seinen Vorgänger Markus Ulbig und an Frau Birgit Erler und Ihr Team. Davon werden wir in den nächsten 5 Jahren profitieren und den Schwung mitnehmen, denn es kommen wieder bessere Zeiten. Wir Freie Wähler sind überzeugt, Pirna wird stärker denn je aus der Krise hervorgehen. 

Wir haben mit unserer Entscheidung dem Haushalt zuzustimmen, ein klares Zeichen „Pro Pirna“ gesetzt. 

Nicht verstehen können wir die Haltung der CDU-Fraktion, die in vorberatenden Ausschüssen dem Haushaltentwurf zustimmt, um dann in der entscheidenden Sitzung dagegen zu stimmen. Vielleicht weil der Oberbürgermeister kein CDU Parteibuch besitzt? Objektiv betrachtet ist das schon fast fahrlässig, zum Glück ohne Schaden für unsere Stadt. Die Zeiten ändern sich… 

Wir hoffen sehr, dass die CDU wieder zum Mitgestalter im Stadtrat wird, nur gegen etwas zu sein und wenig bis kaum mitzugestalten, sich nicht einzubringen, kann auf Dauer nicht gut sein.

Zum Haushalt hat Frau Erler gesagt „Vorsicht ist der beste Wegbegleiter!“

Ich habe sie korrigiert, Vorsicht hemmt. Lassen Sie uns mit einem abwägbaren Risiko den Haushalt gemeinsam umsetzen. Bleiben wir glaubwürdig und vor allem positiv.


Ralf Böhmer

Fraktionsvorsitzender 


  


Mittwoch, 28. Oktober 2020

Die Bahn in der Cloud

Das Handelsblatt informierte die Öffentlichkeit gestern, dass die Bahn vorfristig den Umzug ihrer IT in die Cloud abgeschlossen hat. Das ein Großprojekt in Deutschland vorfristig und positiv abgeschlossen wird ist leider nicht mehr selbstverständlich. Bedenklich finde ich es aber, dass es nicht gelungen ist, einen deutschen oder europäischen  Cloudanbieter für das Vorhaben zu begeistern. Als bekennender Bahnfahrer nutze ich natürlich die IT Infrastruktur der Bahn für ihre Kunden - es funktioniert tatsächlich. Aber das man nun in Amerika auch weiß, wann ich wohin fahre hinterlässt schon ein etwas mulmiges Gefühl.  Übrigens: Die Daten unserer Mandanten halten wir seit mehr als 10 Jahren in der Cloud - allerdings in einem deutschen Rechenzentrum nach den strengen Bestimmungen der DSGVO. 
Anbei der vollständige Artikel des Handelsblatts


Handelsblatt vom 28.10.2020


Bahn-Server haben ausgedient



Eigentlich hatte sich die Deutsche Bahn für den grundlegenden Umbau ihrer Computer-Infrastruktur Zeit bis zum Jahr 2022 genommen. Doch in diesen Tagen werden im Bahn-

Rechenzentrum Berlin- Mahlsdorf die letzten Rechner abgebaut.


In Spitzenzeiten hatte die Bahn rund 8000 Server selbst betrieben, um den riesigen Datenstrom aus den Zügen und der Bahn-Infrastruktur auszuwerten. Dazu gehört der Verkauf der Tickets über Apps und die Bahn-Website. Zu den Aufgaben der Bahn- IT zählt es aber auch, die Infrastruktur für die Smartphone- App DB Navigator zu betreiben oder in Echtzeit den Zustand von 28 000 Weichen zu überwachen. Die eigenen Bahn-Server gibt es nun nicht mehr. Alles kommt aus der Cloud. Das sind Rechenzentren von Microsoft und Amazon, die mit ihren Diensten Azure und AWS Speicherplatz und Rechenleistungen über das Internet bereitstellen. „Wir haben quasi unter dem rollenden Rad die IT-Anwendungen in die Cloud gehoben und dann weiter optimiert“, sagt Christa Koenen, IT-Chefin der Bahn.


Die Kunden der Bahn sollten von dem Umbau hinter den Kulissen am besten gar nichts mitbekommen. Mit mehr als 1500 Buchungen pro Minute betreibt sie eines der größten Ticketsysteme in Europa, das den Kauf der Fahrscheine über Portale wie bahn.de oder die App DB Navigator ermöglicht. „Das ist unser Rückgrat, da darf nichts wackeln. Und das ist nun auch in der Cloud so.“ Ganz im Gegenteil: Die App DB Navigator zickt jetzt bei einem großen Ansturm nicht mehr rum, weil die Cloud-Server kaum überlastet werden können. Als der Bahn-Vorstand im Jahr 2016 den Beschluss fasste, 450 Anwendungen der Bahn in die Cloud zu verlagern, wurde die Entscheidung in der Öffentlichkeit auch kritisch aufgenommen. Schließlich zeichnete sich damals schon ab, dass ein US-Konzern zum Zug kommen wird, der im Zweifelsfall dem US-amerikanischen Recht unterliegt.


Dieses Datenschutzgefälle zwischen Europa und den USA hat zuletzt auch beim Urteil des Europäischen Gerichtshofs („Schrems II“) eine Rolle gespielt, mit dem die EU-Datenschutzvereinbarung „Privacy Shield“ mit den USA gekippt wurde. Bahn-IT-Chefin Koenen sagt: „Wir haben natürlich gleich zu Anfang des Projektes einen ganz besonderen Fokus auf Sicherheit und Datenschutz gelegt.“ Dabei setzt die Bahn auf eine harte Verschlüsselung, die neugierige Blicke der US Dienste verhindern soll: „Wir verschlüsseln alle Daten, und nur wir können sie entschlüsseln. Das heißt, nur wir haben Zugriff auf die Schlüssel und nicht die Cloud-Provider“, betont die Geschäftsführerin der Bahn-IT-Tochter DB Systel. Gleichwohl sieht Koenen die Gefahr, sich von einem großen Cloud-Betreiber abhängig zu machen. Die Bahn verfolge deshalb eine „Multi-Cloud- Strategie“. Neben Amazon AWS kommt auch Microsoft Azure zum Einsatz. Anbieter aus Deutschland oder Europa gingen aber leer aus.



Dienstag, 25. Februar 2020

Die Kleinkunstbühne im Meinungsstrudel


Seit mehr als 20 Jahren besteht unsere Bühne im Herzen unserer Altstadt, seit 18 Jahren habe ich die Ehre sie zu leiten - gemeinsam mit unserem Vorstand. Und gnau so lange vertreten wir das Gebot politischer Neutralität.


Wir sind das nach der Wende am längsten bestehende Theater in der Stadt. Wir waren schon da, als Tom Pauls für Pirna noch unerreichbar war. Schätzungsweise 200.000 Besuchern konnten wir in dieser Zeit schöne  Stunden in einem angenehmen Umfeld bieten - getragen vom ehrenamtlichen Engagement unserer Mitglieder und von der Unterstützung unserer Sponsoren und der  Stadt Pirna. Kultur heißt Vielfalt. Nicht allen wird alles gefallen haben. Wer es toll fand kam wieder, wem ein Künstler nicht gefiel, der suchte sich beim nächsten Mal einen anderen aus. Das war und ist Konsens und entspricht unserem Satzungszweck.


Daneben waren wir schon immer auch Veranstaltungslokal für eine Vielzahl von Veranstaltungen, die teils öffentlich, teils privat von politischen Organisationen und Vereinen durchgeführt wurden. Für uns  eine willkommene Gelegenheit unseren Etat aufzubessern, für die Veranstalter eine Möglichkeit sich mitten in Pirna präsentieren zu können. Und niemand hat sich daran gestört dass wir allen Gruppierungen bei Bedarf diese Möglichkeit gegeben haben. Ausgeschlossen war und ist für uns die NPD, aber sie hat uns auch nie gefragt und sie braucht es auch nicht. CDU, SPD Freie Wähler, MIT, DGB, Friedrich - Ebert -  Stiftung, Uniwerk e.V.  und  andere waren hier präsent. Viele Interessierte  standen mit Martin Duhlig am Küchentisch, haben mit ihm Bratwurst gegessen und diskutiert. Nicht alle haben danach SPD gewählt, aber keiner ist dümmer gegangen als er gekommen war. Viele haben Cem Özdemir zugehört als er die grüne Sicht der Dinge schilderte. Und Pirna ist danach nicht Hochburg der Grünen geworden! Nicht jede hier geäußerte Meinung hat allen von uns gefallen, aber gerade das macht ja unser Leben aus. Man kann sie sich anhören, drüber nachdenken, diskutieren oder aber nicht hingehen. Und auch darin sahen und sehen wir unseren Auftrag.


Und plötzlich soll das alles anders sein? Und warum? Weil wir unsere Bühne dem - immerhin letztes Jahr von jedem dritten Wähler gewählten -  Landtagsabgeordneten der AfD Jan Zwerg  für eine Veranstaltung vermietet haben! 


Jeder kann zur AfD - wie zu jeder anderen Partei oder Gruppierung und den dahinter stehenden Personen - eine Meinung haben, kann sie gut oder schlecht finden und er darf diese Meinung sogar äußern. Aber keiner hat das Recht unseren Verein und seinen Vorstand deswegen als rechtsaußen zu diffamieren und in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Und das noch dazu in einer Art und Weise für die unsachlich noch geschmeichelt ist.


Der Vorstand unseres Vereins steht für Toleranz und Vielfalt. Dazu gehört für uns auch die Akzeptanz von Meinungen, wenn sie nicht die unsrigen sind. Vor 30 Jahren sind viele von uns für Rosa Luxemburgs Satz: „Freiheit ist immer (auch) die Freiheit der Andersdenkenden“ auf die Straße gegangen. Aber viele dieser Menschen scheinen vergessen zu haben, dass das keine Einbahnstraße ist. Für uns gilt diese Maxime noch heute solange die andere Meinung durch das Grundgesetz legitimiert ist.


Darauf achten wir und dazu verpflichten wir jeden Veranstalter. Permanente Ausgrenzung bestimmter Gruppen vertieft die Spaltung unserer Gesellschaft, säht Unfrieden und Zwist anstatt zu bewirken, dass sich die besseren Ideen und Argumente durchsetzen. Es gibt so viele alltägliche Probleme, an deren Lösung wir alle gemeinsam mitwirken können. Packen wir sie an anstatt uns in unzähligen unsachlichen Diskussionen zu zerfleischen und schauen wir im täglichen Disput wer wen sachlich und fair von seinen Ideen überzeugen kann.


Das wollte ich hier mal sagen!

Sonntag, 26. Januar 2020

Ein Freitag für die Zukunft

Fridays for Future sind gegenwärtig in aller Munde. Über die Sinn und Unsinn dieser Bewegung kann man trefflich streiten, aber regelmäßiges Schulschwänzen sollte die Norm nicht sein.


Eine etwas andere Freitagsgestaltung für unsere Jugendlichen hatten sich die Freien Wähler Pirna ausgedacht. Sie ergriffen die Initiative und organisierten mit Hilfe von Sponsoren eine Exkursion für 300 Schüler der drei Pirnaer Gymnasien nach Leipzig zum BMW Werk. Moderne Industrie zum Anfassen.


Am 17. Januar war es soweit. Um den Tag so Grün wie möglich zu gestalten hatte ich den Treffpunkt per Rad angesteuert. Punkt 10:00 setzten sich die 6 Reisebusse in Bewegung. Gefüllt mit den erwartungsfrohen Jugendlichen, Lehrer und einige Stadträten. Mit dabei auch der stellvertretende Landrat Heiko Weigel und die Vertreter der Medien. Die Reise verging wie im Fluge. Nicht selbst fahren müssen und in die sonnige Landschaft schauen, die eigentlich eine Winterlandschaft sein sollte aber eher an den bevorstehenden Frühling erinnert, hat etwas. 


Ein Zwischenstopp an der Raststätte Muldental um die Schülerblasen nicht überzustrapazieren verbunden mit der Bitte „ Geht ja nicht zu McDonald’s, wir haben keine Zeit“  machte deutlich, dass Verbotenes und Unerwünschtes nach wie vor einen besonderen Reiz hat. Gefühlt alle Kinder mussten bei McDonald’s Halt machen - die Verspätung war vorprogrammiert. 




Am Zentralgebäude des Werkes wurden wir von Hans - Peter Kemser, dem Werkleiter erwartet und überaus freundlich begrüßt. Der Chef von 5.400 BMWlern nahm sich 4 Stunden Zeit für 300 Pirnaer Kinder und ihre Begleiter. Ich war beeindruckt.


Meine Gedanken schweiften zurück: 18 Juli 2001 nachmittags. Ich hatte mit meinem Kollegen in unserem damaligen Leipziger Büro zu tun. Es herrschte eine prickelnde Stimmung bei den dort tätigen Mitarbeitern: wir müssen gleich ins Neue Rathaus. Warum? BMW verkündet seine Entscheidung zum Standort Leipzig. Die Wandelhalle brechend gefüllt mit erwartungsfrohen Menschen. Sekt wurde gereicht und die Begeisterung kannte keine Grenzen als Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee die Botschaft verkündete. Es schien eine neue Zeitrechnung zumindest für Leipzig zu beginnen. Und heute - fast 19 Jahre später ist das Werk seit mehr als 15 Jahren in Betrieb und sichert insgesamt am Standort mittlerweile etwa 10.000 Arbeitsplätze


In der Produktion herrschte gerade kein Hochbetrieb, man bereitete den Produktionsstart für den kommenden Montag vor. Jugendliche und Erwachsene wurden auf einzelne Gruppen verteilt und los ging es.  




Es begann mit einem Vortrag über das Werk, seine Entstehung und die Unternehmensphilosophie von BMW. Hier legte man schon Wert auf Nachhaltigkeit als Greta Thunberg noch nicht geboren war und viele andere mit diesem Begriff noch nichts anfangen konnten. Hier baut man schon Elektromobile als es noch nicht Mainstream war grün zu sein und elektrisch zu fahren. Und klar wurde auch, dass nur ein wirtschaftlich starkes Unternehmen es sich leisten kann Gutes für die Umwelt und die Menschen zu tun


Das heißt hier mehr als 1.000 Fahrzeuge täglich, davon 180 elektrische zu bauen. Jede Minute verlässt ein BMW die Bänder.


Herr Kemser nahm sich viel Zeit für unsere Fragen und es entspann sich eine lebhafte Diskussion über Fachkräftemangel, Elektromobilität und Wasserstofftechnologie. Er gab sich sehr entspannt hinsichtlich der Zukunft der Verbrennungsmotoren: wir bauen das, was der Kunde wünscht - Benzin, Diesel, Hybrid oder Elektrisch. Es wird auch in Zukunft einen Mix geben. Und Wasserstoff wird eine wichtige Rolle spielen.


Dann ein 3 Gänge Menü in der Betriebskantine. Wobei es Kantine nicht so richtig trifft. Ein großer Speisesaal in dem in luftiger Höhe Transportbänder Rohkarossen aller Typen Meter um Meter vorwärts bewegten. Kommentar von Herrn Kemser dazu: wir sind hier um Autos zu bauen. Das kann und muss jeder sehen!


Danach ein kleines Symposium zum grünen BMW Werk. Dafür nahm sich der Chef der Umweltabteilung des Werkes Dr. Stefan Fenchel Zeit für uns. Nicht nur grün angestrichen sondern tatsächlich grün war sein Botschaft. Vier riesige 140 m hohe Windräder mit einem Rotordurchmesser von 100 m liefern 28 GWh grünen Strom pro Jahr , eine Batterie Farm speichert ihn und gibt ihn bei Bedarf für die Produktion ab.


Auf dem Freigelände um das Werk wurden 230 Apfelbäume angepflanzt. Teilweise uralte Sorten. Hier leben 13 Bienenvölker. Zudem haben sich  mehrere Singvögelarten und seltene Schmetterlinge auf dem Gelände angesiedelt. Und Last gut Not legst gibt es Blumenwiesen statt intesnsiv gewählten Golfrasens.


Jeder aus Leipzig stammende BMW wird mit einem Glas BMW Honig ausgeliefert! Es soll vorkommen, dass Kunden, die aus anderen Werken beliefert wurden nach dem Honig gefragt haben.


Unsere Schüler konnten sich praktisch betätigen und BMW - Nistkästen und Insektenhotels bauen. Wobei ich jetzt weiß, dass Insektenhotel ein irreführender Begriff ist. Richtig heißt es „Wildbienen - Nisthilfe“


Hier sind die Umweltschützer nicht militant sondern Teil des Ganzen und werden aktiv in das Geschehen einbezogen. Nur so kann es gehen! In Anbetracht meiner begrenzten Transportkapazitäten entschied ich mich für die BMW - Nisthilfe, die zukünftig meinen bescheidenen Garten bereichern wird. Über die Blumenwiese muss ich noch einmal nachdenken.


Die Zeit verging wie im Flug. Erinnerungsfotos wurden gemacht, Geschenke des OB überreicht und eine Einladung noch Pirna ausgesprochen.

 




Wie zu hören war, besuchen jährlich bis zu 25.000 Gäste da Werk, doch Herr Kemser bestätigte uns, dass wir in den mehr als 15 Jahren die das Werk in Betrieb ist die zahlenmäßig größte  Besuchergruppe waren. Na wenn das nichts ist!


Gut gelaunt und schlauer als vorher traten wir die Heimreise nach Pirna an. Mein Fahrrad stand noch da und so ging ein toller Tag entspannt zu Ende.


Sicher wird man BMW nicht zum Umzug in den Industriepark Oberelbe bewegen können. Doch wenn es gelänge etwas Vergleichbares bei uns zu schaffen, könnte man Ökonomie, Wohlstand für viele und Umweltschutz optimal verbinden. Und wenn diese Überlegung von möglichst vielen unserer Schüler verinnerlicht wird war unsere Mühe nicht umsonst.