Dienstag, 25. Februar 2020

Die Kleinkunstbühne im Meinungsstrudel


Seit mehr als 20 Jahren besteht unsere Bühne im Herzen unserer Altstadt, seit 18 Jahren habe ich die Ehre sie zu leiten - gemeinsam mit unserem Vorstand. Und gnau so lange vertreten wir das Gebot politischer Neutralität.


Wir sind das nach der Wende am längsten bestehende Theater in der Stadt. Wir waren schon da, als Tom Pauls für Pirna noch unerreichbar war. Schätzungsweise 200.000 Besuchern konnten wir in dieser Zeit schöne  Stunden in einem angenehmen Umfeld bieten - getragen vom ehrenamtlichen Engagement unserer Mitglieder und von der Unterstützung unserer Sponsoren und der  Stadt Pirna. Kultur heißt Vielfalt. Nicht allen wird alles gefallen haben. Wer es toll fand kam wieder, wem ein Künstler nicht gefiel, der suchte sich beim nächsten Mal einen anderen aus. Das war und ist Konsens und entspricht unserem Satzungszweck.


Daneben waren wir schon immer auch Veranstaltungslokal für eine Vielzahl von Veranstaltungen, die teils öffentlich, teils privat von politischen Organisationen und Vereinen durchgeführt wurden. Für uns  eine willkommene Gelegenheit unseren Etat aufzubessern, für die Veranstalter eine Möglichkeit sich mitten in Pirna präsentieren zu können. Und niemand hat sich daran gestört dass wir allen Gruppierungen bei Bedarf diese Möglichkeit gegeben haben. Ausgeschlossen war und ist für uns die NPD, aber sie hat uns auch nie gefragt und sie braucht es auch nicht. CDU, SPD Freie Wähler, MIT, DGB, Friedrich - Ebert -  Stiftung, Uniwerk e.V.  und  andere waren hier präsent. Viele Interessierte  standen mit Martin Duhlig am Küchentisch, haben mit ihm Bratwurst gegessen und diskutiert. Nicht alle haben danach SPD gewählt, aber keiner ist dümmer gegangen als er gekommen war. Viele haben Cem Özdemir zugehört als er die grüne Sicht der Dinge schilderte. Und Pirna ist danach nicht Hochburg der Grünen geworden! Nicht jede hier geäußerte Meinung hat allen von uns gefallen, aber gerade das macht ja unser Leben aus. Man kann sie sich anhören, drüber nachdenken, diskutieren oder aber nicht hingehen. Und auch darin sahen und sehen wir unseren Auftrag.


Und plötzlich soll das alles anders sein? Und warum? Weil wir unsere Bühne dem - immerhin letztes Jahr von jedem dritten Wähler gewählten -  Landtagsabgeordneten der AfD Jan Zwerg  für eine Veranstaltung vermietet haben! 


Jeder kann zur AfD - wie zu jeder anderen Partei oder Gruppierung und den dahinter stehenden Personen - eine Meinung haben, kann sie gut oder schlecht finden und er darf diese Meinung sogar äußern. Aber keiner hat das Recht unseren Verein und seinen Vorstand deswegen als rechtsaußen zu diffamieren und in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Und das noch dazu in einer Art und Weise für die unsachlich noch geschmeichelt ist.


Der Vorstand unseres Vereins steht für Toleranz und Vielfalt. Dazu gehört für uns auch die Akzeptanz von Meinungen, wenn sie nicht die unsrigen sind. Vor 30 Jahren sind viele von uns für Rosa Luxemburgs Satz: „Freiheit ist immer (auch) die Freiheit der Andersdenkenden“ auf die Straße gegangen. Aber viele dieser Menschen scheinen vergessen zu haben, dass das keine Einbahnstraße ist. Für uns gilt diese Maxime noch heute solange die andere Meinung durch das Grundgesetz legitimiert ist.


Darauf achten wir und dazu verpflichten wir jeden Veranstalter. Permanente Ausgrenzung bestimmter Gruppen vertieft die Spaltung unserer Gesellschaft, säht Unfrieden und Zwist anstatt zu bewirken, dass sich die besseren Ideen und Argumente durchsetzen. Es gibt so viele alltägliche Probleme, an deren Lösung wir alle gemeinsam mitwirken können. Packen wir sie an anstatt uns in unzähligen unsachlichen Diskussionen zu zerfleischen und schauen wir im täglichen Disput wer wen sachlich und fair von seinen Ideen überzeugen kann.


Das wollte ich hier mal sagen!

3 Kommentare:

  1. Meinungsfreiheit und frei von Meinung zu sein, wird leider viel zu oft verwechselt.

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  2. Diese Stellungnahme verkennt die Lage massiv und gaukelt vor, die AfD sei eine ganz normale Partei.

    Die AfD ist nicht minder verfassungs- und demokratiefeindlich als die NPD, sie ist im Gegensatz zu dieser nur bemüht ihren Extremismus in ein bürgerlich-konservatives Gewand zu kleiden. Abgesehen von den ständigen verbalen Entgleisungen ihrer führenden Politiker versucht die AfD unsere Demokratie von innen heraus zu zerstören. Nicht erst seit dem Debakel um die Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen ist klar, dass dieser Partei nichts heilig ist und sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, unser politisches System zu destabilisieren.

    Die AfD in Sachsen fordert in ihrem Regierungsprogramm, Kapitel 5.2.5 die Beschneidung der im Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes garantierte Wissenschaftsfreiheit. In Kapitel 5.4 des Programms fordert die AfD die Einschränkung der Freiheit der Kunst, welche ebenfalls durch Art. 5 Abs. 3 GG garantiert wird. Darüber hinaus fordert das Programm der AfD an mehreren stellen eine Bescheidung der Religions- und Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 GG.

    In der Veranstaltung, deren Durchführung hier im Text verteidigt wird, hat der Referent bereits mehrfach die Einschränkung des Wahlrechts für alle Empfänger von Staatlichen Transferleistungen gefordert. Dies verstößt gegen Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes. Die mannigfaltigen Forderungen nach Einschränkung oder Abschaffung des Rechtes auf Asyl gemäß Art. 16a des GG bedürfen keiner einzelnen Quelle, den sie sind Dauerbrenner der AfD.

    Selbst wenn man unterstellte, dass die vorgenannten Forderungen der AfD als politische Forderungen legitim seien, verstoßen diese dennoch gegen das Grundgesetz. Denn eine Änderung des Grundgesetzes in den Artikeln 1 bis 20 wird durch den Artikel 79 des Grundgesetzes ausgeschlossen.

    Es mag sein, dass die AfD und ihre Kandidaten in Sachsen und Pirna von sehr vielen Wählerinnen und Wählern Stimmen bekommen haben, dennoch macht es die AfD nicht zu einer demokratischen Partei. Vielmehr muss sich die Leitung des Q24, wenn sie an der Zusammenarbeit der AfD festhält, genau so wie diese Wählerinnen und Wähler fragen lassen, ob sie ein erstarken einer zunehmend rechtsradikalen und verfassungsfeindlichen Partei billigend in Kauf nehmen oder gar bewusst fördern wollen.

    Die Spaltung der Gesellschaft in Befürworter einer profaschistischen, rechtsradikalen Partei und deren Gegner wird man nicht üvberwinden, in dem man den Verfassungsfeinden die Bühne überlässt, sondern nur in dem man ebendiesen laut und deutlich widerspricht und mit Hilfe von Bildung und Argumenten entgegenwirkt.

    Im Fazit bleiben nur wenige Möglichkeiten und keine davon gefällt mir: Entweder die Verantwortlichen im Q24 erkennen nicht die Gefahr für unsere Demokratie und die Freiheit in unserem Lande, die von der AfD ausgeht, oder sie unterstützen diese Feinde der Demokratie bewusst.

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  3. Ich bin ehrlich gesagt erschrocken über eine so naive Haltung gegenüber der AfD.
    Eine kleine Anekdote dazu.
    Ich wurde vor 5 Jahren angefragt, ob ich auf dem Marktplatz bei einem kleinen Fest als Musiker mitwirken würde. Ziel war, dass geflüchtete Menschen einen Raum bekommen um in den Austausch und die Begegnung kommen.
    Die AfD hat dann eine Kundgebung organisiert, auch auf dem Marktplatz. Mitgelaufen sind auch einige Randalierer aus den Vorfällen in Heidenau.
    Als diese Gruppe dann auf dem Marktplatz "Merkel muss weg", "Hurensöhne" und andere Sprüche krakeelten, war das schon sehr beklemmend. Natürlich amen keine Geflüchteten zu dem Fest.

    Wir machten aber dennoch Musik, aber die Anlage der AfD war zu laut. Bemerkt wurden wir aber - in einem Nebensatz erwähnte der AfD Redner, dass es solches "Gutmenschen Hippie Getue" schon bald nicht mehr im schönen Pirna geben würde. Das ganze erntete tosenden Applaus.

    Einige Fahnenträger brüllten sehr aggressiv in unsere Richtung, in dem Moment war ich dankbar, dass es da eine Polizeipräsenz gab.

    Ich durfte übrigens mit der gleichen Musik schon 2 Mal als Vorprogramm von Blackbird im Q24 spielen.

    Darum lässt es mich nicht unberührt, dass ihr nun ausgerechnet dieser Partei eine Bühne bietet.
    Toleranz endet da, wo Gruppierungen sich bewusst gegen demokratische Werte stellen. Und ich spare mir jetzt mal Zitate zu bringen.

    Und ich stimme meinem Vorredner zu - die AfD mag gewählt sein, das macht sie aber nicht zu einer demokratischen Partei.

    Und da frage ich mich schon wie viele Künstler dann noch im Q24 auftreten dürften, wenn es nach den Ansichten dieser Partei geht?

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