Sonntag, 18. November 2018

Gedanken zum Doppelhaushalt 2019 / 2020


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Erler, liebe Stadträtinnen und Stadträte,


es ist üblich, an dieser Stelle Gedanken zu äußern, die nicht ausschließlich einem konkreten Thema gelten.


Es ist meine zweite Haushaltdebatte die ich als Stadtrat miterleben und zumindest zum Teil auch mit gestalten kann. Vor zwei Jahren hatte ich mich dieser Gepflogenheit noch verschlossen, zu ungewohnt war das Terrain, zu unsicher fühlte ich mich.

Beim zweiten (und vielleicht letzen Mal, wenn die Bürger es so wollen) verschließe ich mich dem Mainstream nicht.


In Haushaltdiskussionen wird auch immer etwas gebarmt,  es werden Mängel kritisiert und Vorschläge unterbreitet. Auch das will ich tun - aber vorher das Positive der letzten zwei Jahre würdigen.


Wir jammern auf hohem Niveau!

Pirna, insbesondere unsere Altstadt, ist sicher  eine der schönsten Städte Deutschlands. „Auferstanden aus Ruinen“ in den letzten 29 Jahren  - ein Polizeiruf 110, der letzte Woche im MDR ausgestrahlt wurde und der Ende der 70er, Anfang der 80 Jahre des letzten Jahrhunderts in unserer Altstadt gedreht worden war, rief mir die Vergangenheit noch einmal zurück und machte die Größe des Wandels und der Umgestaltung überdeutlich. Ich bin sicher, viele Menschen die unsere Stadt kennen und nicht hier wohnen beneiden uns um dieses Kleinod.

Es wurden Schulen und Kitas saniert oder neu gebaut, die ohne vorhandene Engpässe und Unzulänglichkeiten zu verkennen, unseren Kindern und Jugendlichen sehr gute Entwicklungsbedingungen bieten. Und wir haben  Freizeiteinrichtungen die auch Menschen aus der Umgebung anlocken:

  • Geibeltbad,
  • Tom Pauls Theater
  • Kleinkunstbühne Q24 und die 
  • Richard Wagner Stätten seien beispielhaft genannt.

Wir wollen heute über  einen Haushalt mit einem Volumen von 81,4 Mio Euro beschließen, das sind mehr als 2.000 Euro / Einwohner, die wir für unsere Bürgerinnen und Bürger in einem Jahr ausgeben wollen.


Ich habe mich gefragt, ist das viel oder wenig? Bezogen auf unsere Wünsche und Begehrlichkeiten ist es sicher zu wenig. Im Durchschnitt vergleichbarer Städte, kann sich dieses Volumen sicher sehen lassen: Freiberg  hat bei einem vergleichbaren Haushaltvolumen etwas mehr Einwohner, Freital bei einem Volumen von ca 70 Mio Euro knapp 40.000 Einwohner. Also etwa 1.750 Euro / Einwohner. Über einen  deutlich größeren Haushalt verfügt die Landeshauptstadt Dresden: ca. 2.900 Euro /Einwohner.


Wir sind in der Region nicht abgehängt, wir  haben viel erreicht, wir können noch viel erreichen. Aber wir sind nicht Stadträte um uns jeden Tag auf die Schulter zu klopfen, sondern um 


    • Gutes noch besser,
    • Schlechtes gut und
    • nicht Ausreichendes ausreichend


zu machen


Neben seinem finanziellen Volumen besticht der Doppelhaushalt auch durch seinen körperlichen Umfang: 676 Seiten Text.


Es spricht für den Fleiß der Verwaltung und die Komplexität der Materie und ist ein großen Dankeschön insbesondere an unsere Kämmerin Frau Erler und alle damit befassten MItarbeiter und Mitarbeiterinnen wert, aber stadtratsfreundlich ist dieses Werk nicht wirklich.


Eine ohnehin schwer verständliche , manchmal kaum durchschaubare Materie ausschließlich in dieser Form aufzubereiten sollte im Zeitalter der Digitalisierung  nicht mehr Standard sein. Das ist für uns, die wir uns im Ehrenamt nach getaner Arbeit damit befassen schlichtweg eine Zumutung.


Ich hatte vor 2 Jahren in der Diskussion gefragt, ob es nicht anders geht, ich glaube die Antwort der Verwaltung war, man wolle drüber nachdenken. Das Ergebnis des Nachdenkens ist zumindest von der Form her unverändert ernüchternd. Wie es besser geht zeigt die Website der Landeshauptstadt Dresden: „ein Blick mit Klick“ ermöglicht eine Arbeit mit dem Zahlenwerk die effektiv ist und geradezu Freude macht. Das wäre unser Wunsch für den nächsten Doppelhaushalt.


Unter der Pirnaer Variante leidet aber auch die inhaltliche Arbeit, es bleiben Vorschläge Flickwerk, weil der Blick für das große Ganze nicht ohne weiteres herstellbar ist.


Wir sind überzeugt, dass die Stadtverwaltung den vorliegenden Haushaltplan auch bestem Wissen und Gewissen erstellt hat - Vertrauen ist für unsere Arbeit wesentlich, denn wir haben gemeinsame Aufgaben zu lösen.


Doch manchmal bin ich mir nicht sicher,  ob alles was uns vorgelegt wird handwerklich gut und optimal vorbereitet ist.


Beispiel IPO: Ein gewaltiges Projekt mit gewaltigen Informationsdefiziten die jetzt im Nachgang behoben werden müssen. Das hätte man anders vorbereiten können. Und müssen!

Satzung über die Gästetaxe:  Statt langfristiger Vorbereitung eines Projekts von dessen Notwendigkeit eigentlich fast alle  überzeugt sind, wird uns eine teilweise inkonsistente Vorlage vorgelegt, die zwischen Stadtrat und dem zuständigen Ausschuss mehrfach hin und her verwiesen wurde. Das Ergebnis ist bekannt, wir hatten die Verlage ja gerade auf der Tagesordnung. Inhaltlich kann man sicher zufrieden sein, das späte Inkrafttreten war der Mehrheitswille.


Der aus unserer Sicht entscheidende Schwachpunkt des Doppelhaushalts ist der Fakt, das die Aufwendungen über den Erträgen liegen. Das ist, wenn auch haushaltrechtlich sachgerecht  und genehmigungsfähig, nicht zufrieden-stellend. Das ist die Ingangsetzung eines langfristigen Vermögensverzehrs.


Eine Bitte von uns an diejenigen die mit einer Fraktion im Landtag vertreten sind, egal ob in  Regierungsverantwortung oder in der Opposition:   ich weiß nicht wie man die Finanzierung unserer Städte und Gemeinden besser gestalten kann, aber ich bin mir relativ sicher, dass es so, wie es jetzt gemacht wird zukünftig und langfristig nicht funktionieren wird. Machen Sie bitte Ihren Einfluss im Interesse auch unserer Stadt geltend um zukünftig eine bessere Finanzausstattung unserer Kommunen zu erreichen.


Meine sehr verehrten D+H, letztlich bleibt mir festzustellen, 

dass unsere Fraktion dem vorliegenden Entwurf trotz noch offener Wünsche die Zustimmung geben wird. Wir haben  dazu auch einen Antrag zur Verbesserung der Finanzausstattung des Citymanagements gestellt und wünschen uns natürlich, dass wir hier eine Mehrheit finden werden. Und ansonsten hoffen wir, dass im Rahmen einer konstruktiven Haushaltabwicklung noch Verschiebungen zwischen einzelnen Positionen möglich sind. Die Beispiele Diesterweg Grundschule und Sporthalle für das Evangelische Schulzentrum zeigen, dass vieles möglich ist.


Vielen Dank


(Thomas Gischke)








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